Verzugszinsen

Verzugszinsen sind beim Schuldnerverzug fällig. Eine Geldschuld ist während des Verzugs für das Jahr mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 zu verzinsen. Kann der Gläubiger aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen, so sind diese sofort zu entrichten (vgl. § 288 BGB). Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Geschichte
Bereits das babylonische Zinsrecht kannte reguläre Zinsen, Verzugszinsen, Zinsschranken und Zinsverbote. Im Römischen Reich erlaubte Justinian I. einen Verzugszins (lateinisch usurae ex morae) von 6 %, das römische Recht stufte ihn jedoch als Nebenrecht ein. Das gilt auch heute noch nach § 367 Abs. 1 BGB, wonach die Hauptleistungspflicht das Kapital darstellt. Dem römischen Richter oblag es, dem Schuldner bei schuldhaftem Leistungsverzug (lateinisch mora solvendi) ein Strafgeld (lateinisch poena) in Form des Verzugszinses (lateinisch usura ex mora) aufzuerlegen. Denn sie waren nicht selbständig einklagbar, der Richter musste sie Hermogenian zufolge von Amts wegen (lateinisch officio judis) zusprechen. Mittelalterliche Kölner Urkunden jüdischer Geldverleiher aus den Jahren 1250, 1270 und 1272 lassen auf die Berechnung von Verzugszinsen schließen, da am Verfalltage nicht Zahlung geleistet wurde. In Berlin verbot der Rat im Jahre 1367 den Verkauf von Darlehensforderungen, die die Aussicht auf Verzugszinsen („Schaden“) eröffneten. Die Glurnser Juden verlangten 1393 einen Verzugszins von 86 2/3 %. Seit 1600 gab es durch den Reichsdeputationsabschied von Speyer einen gesetzlich begrenzten Verzugszins von 4 % bzw. 5 %.

Das Allgemeine Preußische Landrecht (APL) vom Juni 1794 kannte Verzugszinsen (I 11, § 833 f. APL) und eröffnete dem Gläubiger den Nachweis eines höheren Schadens. In I 12, § 331 APL war geregelt: „fällt dem Erben in Bezahlung des Vermächtnisses eine schuldbare Zögerung zur Last, so treffen auch ihn die gesetzmäßigen Verzugszinsen“. Seitdem billigten die deutschen Reichsgesetze die Verzugszinsen ohne Einschränkung. Das ADHGB vom Mai 1861 legte in Art. 287 ADHGB die Verzugszinsen auf 6 % fest. Dem folgten in Österreich das ABGB vom Januar 1812 (§ 1333 in Verbindung mit § 1000 ABGB) und die Schweiz mit dem OR im Januar 1883 (Art. 106 OR), wodurch der Verzugszins den Charakter eines Mindestschadens erhielt. Zur Verbesserung der Zahlungsmoral erließ die Europäische Union im Juni 2000 mit der EU-Richtlinie 2000/35/EG eine Regelung über den Zahlungsverzug, die durch RL 2011/7/EU vom Februar 2011 ersetzt wurde. Danach ist Zahlungsverzug „eine Zahlung, die nicht innerhalb der vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Zahlungsfrist erfolgt ist“ (Art. 2 Nr. 4). Verzugszinsen sind der gesetzliche Zins bei Zahlungsverzug oder der zwischen Unternehmen vereinbarte Zins (Art. 2 Nr. 5). Die nach § 288 Abs. 2 BGB transformierte Regelung (in Österreich: § 352 UGB) sieht für alle Geschäfte ohne Beteiligung eines Verbrauchers 9 % Verzugszins vor, ansonsten 5 % über dem Basiszinssatz.

Höhe:
– Bei einem Rechtsgeschäft, an dem ein Verbraucher beteiligt ist, fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 I BGB).
– Bei einem Rechtsgeschäft, an dem kein Verbraucher beteiligt ist, acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 II BGB).

Verzugszinsen berechnen
Gläubiger dürften trotz Verzug keine willkürlichen Verzugszinsen erheben. Der Gesetzgeber hat genau bestimmt, wie hoch diese ausfallen dürfen. Handelt es sich um ein Rechtsgeschäft, an dem ein Verbraucher beteiligt ist, so dürfen die Verzugszinsen maximal fünf Prozentpunkte über dem aktuellen Basiszinssatz liegen. Beim Basiszinssatz handelt es sich um einen Standard-Zins von 3,62 Prozent, der bei Leitzinssenkungen der EZB entsprechend gesenkt und bei Erhöhungen entsprechend erhöht wird. Etwas höher fällt der maximale Satz der Verzugszinsen hingegen aus, wenn zwei Unternehmen an dem Rechtsgeschäft beteiligt sind. Dann gilt eine Obergrenze, die bei acht Prozentpunkten über dem aktuellen Basiszinssatz liegt. Noch höhere Werte sind möglich, wenn es entsprechende vertragliche Vereinbarungen gibt. Beispielsweise können zwei Unternehmen eine Vertragsstrafe vereinbaren, wenn ein Lieferant bestimmte Produkte nicht rechtzeitig liefert. Zudem resultieren höhere Verzugszinsen aus sogenannten Verzugsschäden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Gläubiger aufgrund des Verzugs des Schuldners einen Kredit aufnehmen musste, um bestimmte Forderungen zu begleichen.

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