Einem Gläubiger, dem es nicht gelingt seine Forderungen im Zwangsvollstreckungsverfahren zu realisieren, verbleibt als letzte Möglichkeit von seinem Schuldner die Offenlegung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu verlangen. Weigert sich dieser die Vermögensauskunft (ehemals Eidesstattliche Versicherung) zu leisten, verbleibt dem Gläubiger als letztes Mittel die Erzwingungs- oder Beugehaft. Auf Antrag des Gläubigers ergeht Haftbefehl gegen den Schuldner.
Die Abgabe der Vermögensauskunft oder ein ausgestellter Haftbefehl ist der wirtschaftliche Todesstoß für jeden Unternehmer und für jeden Menschen, der aktiv am Wirtschaftsleben teilnimmt. Sowohl die Vermögensauskunft als auch Haftbefehle werden in der Schufa und in Kreditauskunfteien standardmäßig erfaßt. Das Schuldnerverzeichnis kann eingesehen werden. Vermögenslose Kapitalgesellschaften werden von Amts wegen gelöscht. Daher wird jeder Schuldner, der noch einen Rest Bonität retten will, versuchen, sich mit dem Gläubiger über die Rückzahlungsmodalitäten zu verständigen, um die Abgabe der Vermögensauskunft zu umgehen.
Der Haftbefehl wird von dem mit der Zwangsvollstreckung beauftragten Gerichtsvollzieher unter Umständen unter Amtshilfe der Polizeibehörde vollstreckt. Weigert sich der Schuldner nach seiner Verhaftung, die Vermögensauskunft abzugeben, kann er bis zu sechs Monaten in dieser Angelegenheit in Haft gehalten werden.
Untersuchungshaftbefehl
Der in der Praxis wichtigste Haftbefehl ist der Untersuchungshaftbefehl, dessen Voraussetzungen in den §§ 112 ff. StPO geregelt sind. Danach kann auch schon vor Abschluss des Hauptverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen die Verhaftung des Beschuldigten angeordnet werden. Der Beschuldigte muss einer Straftat dringend verdächtig sein, außerdem muss ein Haftgrund vorliegen. Haftgründe sind Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder – subsidiär, d. h. wenn keiner der zuerst genannten Haftgründe besteht, Wiederholungsgefahr (vgl. § 112a Abs. 2 StPO). Schließlich darf ein Haftbefehl auch nicht unverhältnismäßig sein, das heißt, er muss im Verhältnis zu der zu erwartenden Rechtsfolge stehen. Bei bestimmten, schwerwiegenden Straftaten (Mord, Totschlag) erlaubt das Gesetz (§ 112 Abs. 3 StPO) auch ohne Vorliegen eines der vorgenannten Haftgründe die Anordnung von Untersuchungshaft (sogenannte absolute Haftgründe).
Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch entschieden, dass diese Vorschrift so auszulegen ist, dass einer der vorgenannten Haftgründe – in der Regel Fluchtgefahr – zu prüfen ist, wobei eine Vermutung für deren Vorliegen spricht. Kann die Vermutung entkräftet werden, darf auch bei diesen Delikten keine Untersuchungshaft angeordnet werden. Die Untersuchungshaft darf grundsätzlich nicht länger als sechs Monate bis zur Hauptverhandlung andauern. Länger darf sie nur unter ganz bestimmten (engen) Voraussetzungen fortdauern (§ 121 StPO). Hierüber hat auf jeden Fall das jeweils zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden.
Der schriftliche Haftbefehl, der im Ermittlungsverfahren einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraussetzt, nach Anklageerhebung vom Gericht auch ohne Antrag erlassen werden kann, hat den Namen des Beschuldigten, die Straftat, derer er dringend verdächtigt wird, den Haftgrund und bei jugendlichen und heranwachsenden Straftätern Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft zu enthalten. Ein bereits erlassener Haftbefehl ist dem Beschuldigten bei der Verhaftung bekannt zu geben. Danach ist er unverzüglich dem Richter vorzuführen, der darüber entscheidet, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls weiterhin vorliegen. Wird der Beschuldigte ergriffen, noch bevor ein Haftbefehl erlassen ist, muss er dem zuständigen Richter vorgeführt werden, der die Voraussetzungen für den Erlass sodann prüft.
Kommt er zu dem Ergebnis, dass der Verdacht dringend ist und mindestens einer der oben aufgeführten Haftgründe vorliegt, erlässt er Haftbefehl und verkündet ihn anschließend dem Beschuldigten. Der Haftbefehl kann im Wege der Haftprüfung aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt werden (§ 117 Abs. 1 StPO). Dabei können dem Beschuldigten bestimmte Auflagen gemacht werden, zum Beispiel sich regelmäßig bei der Polizei zu melden, eine bestimmte Sicherheitsleistung (Kaution) zu hinterlegen oder den Kontakt zu bestimmten Personen wie Mitbeschuldigten oder Zeugen zu meiden (§ 116, § 116a StPO).
Außervollzugsetzung des Haftbefehls durch Leistung einer Sicherheit
Nach § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StPO kann ein Haftbefehl wegen Fluchtgefahr vom Richter unter anderem außer Vollzug gesetzt werden bei Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen Dritten. Der Richter setzt Höhe und Art der Sicherheit nach freiem Ermessen fest. Er kann auch zulassen, dass die Sicherheit durch Bürgschaft einer geeigneten Person geleistet wird. Dabei meint hier die „Bürgschaft“ nicht die in §§ 765 ff BGB geregelte Bürgschaft, vielmehr muss ein Schuldversprechen eines Dritten in Form eines aufschiebend bedingten selbstschuldnerischen Zahlungsversprechens vorliegen, etwa durch Angehörige oder eine Bank.
Wird eine Sicherheit durch einen Dritten zugelassen, kann diese nach Maßgabe des richterlichen Beschlusses durch Hinterlegung von Bargeld oder Wertpapieren oder durch ein Schuldversprechen des Dritten erbracht werden. Wird dagegen eine Sicherheitsleistung dahingehend angeordnet, dass ein Beschuldigter als Sicherheit eine Geldsumme als „Eigenhinterleger“ erbringen muss, ist eine Sicherheitsleistung durch Dritte ausgeschlossen. Der Beschuldigte muss die Sicherheit selbst erbringen. Dazu, wie das Geld zuvor in sein Vermögen gelangt ist, wird hierdurch keine Aussage getroffen. Vor allem ist nicht etwa gefordert, dass der Beschuldigte nach Erbringung der Sicherheit schuldenfrei sein müsste. Deshalb bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass der Beschuldigte den Kautionsbetrag aus früher aufgenommenen und noch nicht zurückgezahlten Darlehen bestreitet. Nichts anderes kann gelten, wenn er ein Darlehen gerade zur Aufbringung der Kaution aufnimmt. Ist in dem Haftverschonungsbeschluss bestimmt, dass die Kaution vom Beschuldigten persönlich zu leisten ist, muss er lediglich das Geld beim Amtsgericht selbst hinterlegen. Mehr ist von ihm nicht gefordert (BGH 17.03.2016 – IX ZR 303/14).