Einspruch
Man bezeichnet einen Einspruch als einen fristgebundenen Rechtsbehelf. Dieser zielt auf eine Änderung, Überprüfung oder Nachbesserung einer gerichtlichen oder einer sonstigen Entscheidung ab. Im zivilen Prozess sind Einsprüche gegen Versäumnisurteile und Vollstreckungsbescheide möglich. Befindet man sich im Strafprozess, kann ein Einspruch gegen ausgesprochene Strafbefehle erhoben werden, im Bußgeldverfahren gegen den Bußgeldbescheid und im Steuerrecht gegen Bescheide der Finanzbehörden.
Gegen ein Versäumnisurteil
Das sog. Versäumnisurteil ist in den §§ 330 ff. ZPO geregelt und kann sowohl gegen den Kläger als auch gegen den Beklagten ergehen, soweit die Person, gegen die sich das Urteil richtet, im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Gegen das Versäumnisurteil steht dem Nichterscheinenden nur die Möglichkeit des Einspruch nach den §§ 338 ff. ZPO zu.
Die Voraussetzungen des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil sind:
– Statthaftigkeit, § 338 ZPO
– Rechtzeitigkeit, § 339 ZPO
– (Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung des Versäumnisurteils)
– Form nach § 340 Absatz 1 und 2 ZPO
– Kein Verzicht oder Zurücknahme nach § 346 ZPO
Ist der Einspruch zulässig, wird der Prozess gem. § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand. Ist er hingegen unzulässig, wird der Einspruch nach § 341 Absatz 1 ZPO durch Urteil als unzulässig verworfen. Gegen dieses Urteil sind sodann alle allgemeinen Rechtsmittel, insbesondere die Berufung, möglich. Die Berufung kann nach § 514 Absatz 2 ZPO jedoch nur darauf gestützt werden, im Einspruchstermin ein Fall der schuldhaften Säumnis nicht vorgelegen hat. Sie kann jedoch nicht darauf gestützt werden, dass das erste Versäumnisurteil zu Unrecht ergangen ist (diese Ansicht ist allerdings sehr umstritten).
Zu beachten ist, dass sollte die Partei nicht zu dem Termin erscheinen, der auf ihren Anspruch hin anberaumt wurde, kein (erneutes) Versäumnisurteil ergeht. Der Grund dafür ist, dass anderenfalls die Gefahr einer Verzögerungstaktik bestünde. Daher wird der Einspruch verworfen.
Einspruch im Steuerrecht
Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (Einspruchsfrist, § 355 Abs. 1 AO), bei unrichtiger oder unterlassener Belehrung binnen eines Jahres (§ 356 Abs. 2 AO), schriftlich oder elektronisch zu erheben oder zur Niederschrift zu erklären (§ 357 Abs. 1 S. 1 AO). Einspruchsbefugt ist gem. § 350 AO der durch den Verwaltungsakt Beschwerte. Bei einem Steuerbescheid ist dies stets der Steuerpflichtige als Inhaltsadressat. Zur Einspruchsbefugnis bei einheitlichen und gesonderten Feststellungen siehe § 352 AO, zur Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers siehe § 353 AO. Damit ein Einspruch erfolgreich ist, muss er statthaft, zulässig und begründet sein:
– Statthaft ist er insbesondere gegen Verwaltungsakte in Abgabenangelegenheiten, also gegen Steuerbescheide (§ 347 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO), den Steuerbescheiden gleichgestellte Verwaltungsakte und sonstige Verwaltungsakten nach der AO.
– Zulässig ist er, wenn der vom Verwaltungsakt oder dessen Unterlassung Betroffene eine Rechtsverletzung oder Ermessenswidrigkeit geltend machen kann und ein Rechtsschutzbedürfnis hat, also dem Anliegen nicht auf einfacherem Wege als dem Einspruch stattgegeben werden kann (Anwendungserlass zur Abgabenordnung, AEAO zu § 350 Nr. 6 Abs. 1).
– Liegen die beiden Voraussetzungen vor, ist der angefochtene Verwaltungsakt schließlich materiell auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen (Begründetheit).
Oftmals kann der Steuerpflichtige sich auf ein bereits anhängiges Verfahren berufen und das Ruhen des Verfahrens beantragen:
– nach § 363 Abs. 2 S. 1 AO, wenn wegen der Streitfrage vor einem Finanzgericht (FG) ein Prozess anhängig ist – in diesem Fall hat das Finanzamt ein Ermessen bei der Entscheidung über das Ruhen des Verfahrens;
– nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO, wenn wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage ein Verfahren beim EuGH (Europäischer Gerichtshof), beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder bei einem obersten Bundesgericht (i. d. R. Bundesfinanzhof [BFH]) anhängig ist – in diesem Fall ruht das Verfahren zwingend.
Im Rahmen der Einspruchsentscheidung ist der gesamte Steuerbescheid in vollem Umfang erneut zu prüfen und kann dabei auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden. Allerdings ist dieser zuvor auf diese Möglichkeit unter Angabe von Gründen hinzuweisen. Durch den Einspruch wird die Vollziehung des Verwaltungsaktes im Regelfall nicht gehemmt (§ 361 Abs. 1 AO), so dass ggf. Steuerzahlungen weiterhin zu leisten sind. Die Aussetzung der Steuerzahlung kann in besonderen Fällen durch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung erreicht werden (§ 361 Abs. 2 AO). Im Falle der Ablehnung kann das Finanzgericht gem. § 69 FGO angerufen werden (§ 361 Abs. 5 AO).