Bonitätsprüfung im Onlinehandel
Viele Kunden wollen die Ware zunächst begutachten, anfassen und auf ihre Qualität überprüfen, bevor sie diese bezahlen. Während Verkäufer diesem Anspruch im stationären Handel ohne Risiko nachkommen können, müssen Betreiber von Onlineshops dafür in Vorleistung gehen. Doch auch unter Käufern gibt es schwarze Schafe, die trotz Erhalt der Ware nicht zahlen wollen.
Um das Risiko eines Zahlungsausfalls des Kunden, vor allem bei der Zahlart Rechnungskauf, so gering wie möglich zu halten, greifen viele Online-Unternehmen auf das Instrument der Bonitätsprüfung zurück. Bei der Überprüfung der Zahlungsfähigkeit des Kunden werden personenbezogene Daten meist an einen Zahlungsdienstleister oder direkt an eine Auskunftei (z.B. SCHUFA) übermittelt. Mittels mathematisch, statistischer Verfahren (Scoring) wird dabei das zukünftige Zahlungsverhalten des Kunden ermittelt. Welche rechtlichen Besonderheiten Online Händler bei der Einholung einer Bonitätsauskünften beachten muss, erfahren Sie im Folgenden.
Berechtigung zur Bonitätsprüfung
Aus Sicht eines Onlinehändlers ist eine Bonitätsprüfung beim anbieten gewisser Zahlarten wie z.B. Rechnung oder SEPA in den meisten Fällen unerlässlich. Die Durchführung einer Bonitätsprüfung muss aber auch gerechtfertigt sein. Das Bundesdatenschutzgesetz (kurz: BDSG) regelt, dass personenbezogene Daten grundsätzlich nicht erhoben werden dürfen, wenn der Kunde nicht einwilligt oder ein ausdrücklicher gesetzlicher Erlaubnistatbestand die Datenerhebung und -verarbeitung gestattet. Klassisches Beispiel für eine zulässige Erhebung und Ermittlung persönlicher Daten ist das Anlegen einer Kundendatei oder die Übermittlung der Adressdaten an das Transportunternehmen im Zuge des Warenversandes. Den erforderlichen gesetzlichen Erlaubnistatbestand dafür liefert § 28 Absatz 1 Nummer 1 BDSG.
Bei einem herkömmlichen Kaufvertrag mit vereinbarter Vorleistungszahlungsart (z. B. Vorkasse per Überweisung, PayPal) ist die Erhebung der Daten für die Durchführung einer Bonitätsprüfung sicherlich fraglich, denn in diesem Fall trifft den Verkäufer ein vielfach geringeres Zahlungsausfallrisiko. Vor diesem Hintergrund wäre die Bonitätsprüfung nicht notwendig und damit unzulässig, denn der Verkäufer muss die bestellte Ware nur liefern, wenn er das Geld vom Kunden erhalten hat. In solchen Fällen hat der Onlinehändler kein berechtigtes Interesse, die Zahlungsmoral seiner Kunden zu überprüfen, da hier sein unternehmerisches Risiko in Bezug auf die Zahlung gleich Null ist. Ausnahme: Bietet der Onlinehändler Zahlungsarten an, bei denen er selbst in Vorleistung tritt, d. h. die Lieferung vor Erhalt der Zahlung durchführt, z. B. bei der Auswahl der Zahlart, Zahlung auf Rechnung, sieht man eine Bonitätsprüfung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Onlinehändlers als erforderlich und damit zulässig an, § 28 Absatz 1 Nummer 2 BDSG.
§ 28 BDSG (Datenerhebung und -speicherung für eigene Geschäftszwecke) (1) Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig
1. wenn es für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist,
2. soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt Maßstab für die Erforderlichkeit ist stets, dass das Zahlungsausfallinteresse nicht höher bewertet werden darf als das Interesse des (potentiellen) Kunden am Schutz seiner Daten. Bei Zahlungsarten, bei denen der Onlinehändler in Vorleistung tritt, spricht man dem Verkäufer aber ein berechtigtes Interesse an der Liquidität seines potentiellen Kunden zu. Voraussetzung ist außerdem, dass die Durchführung einer Bonitätsprüfung zum Zwecke der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertrages mit dem Betroffenen erfolgen soll. Der Score muss also für eine Entscheidung verwendet werden, die für den Betroffenen eine rechtliche Folge in Zusammenhang mit einem (potentiellen) Vertragsverhältnis hat.
Durchführung von Bonitätsprüfungen
Die Bonitätsauskunft kann Wahrscheinlichkeitswerte enthalten (sog. Score-Werte). Soweit Score-Werte in das Ergebnis der Bonitätsauskunft einfließen, haben diese die Grundlage in einem wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischem Verfahren. In die Berechnung der Score-Werte fließen unter anderem, aber nicht ausschließlich, Anschriftendaten ein. Das Ergebnis der Bonitätsprüfung in Bezug auf die statistische Zahlungsausfallwahrscheinlichkeit werden verwendet zum Zwecke der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses. Der Käufer kann dieser Verarbeitung der Daten jederzeit durch eine Nachricht an den für die Datenverarbeitung Verantwortlichen oder gegenüber der vorgenannten Auskunftei widersprechen. Jedoch bleibt der Online Händler ggf. weiterhin berechtigt, die personenbezogenen Daten zu verarbeiten, sofern dies zur vertragsgemäßen Zahlungsabwicklung erforderlich ist.
Welche Löschfristen für die Daten bei den Auskunfteien gelten
Die meisten Bonitätseinträge werden nach drei Jahren aus der Bonitätsauskunft entfernt. Hierbei unterscheidet man zwischen taggenauer Löschung und Löschung nach Beendigung des dritten Kalenderjahres. Ebenfalls wichtig: Ein gespeicherter Eintrag in der Bonitätsakte muss nicht immer etwas Negatives sein. So wird beispielsweise auch der Vermerk eines zuverlässig abgezahlten Kredites (positive Zahlungserfahrung) erst drei Jahre nach dem Rückzahlungsdatum gelöscht.
– Taggenau nach drei Jahren
– Abbezahlte Kredite werden taggenau nach dem letzten Rückzahlungsdatum gelöscht.
– Gerichtsdaten wie amtsgerichtliche Einträge in einem Schuldnerverzeichnis werden ebenfalls taggenau nach drei Jahren aus dem Register gelöscht.
Bonitätsprüfung im Onlinehandel – Fazit
Eine Bonitätsprüfung ist grundsätzlich erlaubt, wenn in der Datenschutzerklärung oder in den AGB hingewiesen wird, das eine Prüfung bei bestimmten Zahlarten stattfindet. Der Händler muss ein berechtigtes Interesse an einer Bonitätsabfrage besitzen. Geht der Onlinehändler in Vorleistung (Kauf auf Rechnung), kann grundsätzlich von einem überwiegend berechtigten Interesse gegenüber dem Kunden ausgegangen werden. Ausnahmen bestehen, wenn die Einwilligung des Kunden vorliegt oder die Bonitätsprüfung für die Durchführung des Vertrages erforderlich ist. Wie bei jeder Datenverarbeitung von personenbezogenen Daten sind die datenschutzrechtlichen Grundsätze der DSGVO zu beachten.